
Stretching ist kein passives Ausharren, sondern ein aktiver Dialog mit Ihrem Nervensystem, um dauerhafte Beweglichkeit freizuschalten und Schmerzen gezielt vorzubeugen.
- Unterscheiden Sie bewusst zwischen aktivierendem dynamischen Dehnen vor und regenerativem statischen Dehnen nach dem Sport, um Leistungseinbußen zu vermeiden.
- Integrieren Sie kurze, effektive Dehn-Einheiten in Ihren Büroalltag, um den negativen Folgen von langem Sitzen aktiv entgegenzuwirken.
- Kombinieren Sie Dehnübungen mit Faszientraining, um nicht nur Muskeln, sondern Ihr gesamtes Bindegewebsnetzwerk zu erreichen und Verklebungen zu lösen.
Empfehlung: Verwandeln Sie Stretching von einer lästigen Pflicht in ein tägliches 5-Minuten-Ritual und nutzen Sie es als Ihr wirksamstes Werkzeug für ein schmerzfreies und bewegliches Leben.
Der Nacken ist verspannt, der untere Rücken zwickt und die Schultern fühlen sich an, als würden sie nach vorne fallen. Für Millionen Menschen in Deutschland mit einem sitzenden Beruf ist dieses Gefühl der alltägliche Ausklang eines langen Arbeitstages. Der gut gemeinte Ratschlag lautet fast immer gleich: „Du solltest dich mehr dehnen!“ Doch für die meisten bleibt Stretching eine unmotivierte, lästige Pflichtübung nach dem Sport oder eine halbherzige Bewegung, die kaum Linderung verschafft.
Was wäre aber, wenn das Problem nicht ist, DASS wir dehnen, sondern WIE wir es tun? Wenn wir Stretching nicht als passives Ziehen an einem Muskel verstehen, sondern als eine aktive Form der Kommunikation mit unserem Körper? Der wahre Schlüssel zu mehr Beweglichkeit und weniger Schmerzen liegt nicht im stoischen Ausharren in einer Position, sondern im Verständnis der dahinterliegenden Prinzipien. Es geht darum, dem Nervensystem zu signalisieren, dass es sicher ist, mehr Bewegungsspielraum freizugeben – eine Fähigkeit, die wir gezielt trainieren können.
Dieser Guide bricht mit dem verstaubten Image des Dehnens. Er zeigt Ihnen, wie Sie Stretching von einem reinen Ritual zu einem strategischen Werkzeug für Ihre Gesundheit machen. Wir werden die entscheidenden Unterschiede zwischen Dehnmethoden aufdecken, Ihnen hocheffektive Übungen für den Büroalltag an die Hand geben und das Geheimnis lüften, warum wahre Beweglichkeit weit über den Muskel hinausgeht und im Fasziennetzwerk beginnt. Machen Sie sich bereit, Ihren Körper neu zu entdecken.
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Für eine direkte visuelle Anleitung, wie Sie gezielt Verspannungen im Nackenbereich lösen können, zeigt Ihnen das folgende Video eine effektive Übung. Es ist eine perfekte Ergänzung zu den Tipps in diesem Guide.
In den folgenden Abschnitten führen wir Sie Schritt für Schritt durch die wichtigsten Aspekte des modernen Stretchings. Sie lernen, die häufigsten Fehler zu vermeiden und wie Sie Dehnübungen, Faszientraining und sogar Massagen zu einem ganzheitlichen System für Ihr Wohlbefinden kombinieren.
Inhalt: Ihr Wegweiser zu einem beweglicheren Körper
- Statisches vs. dynamisches Dehnen: Welches Stretching vor und welches nach dem Sport sinnvoll ist
- Das 10-Minuten-Büro-Workout: Effektive Dehnübungen gegen Nacken- und Rückenschmerzen
- Die 3 größten Fehler beim Dehnen, die Ihr Verletzungsrisiko erhöhen können
- Stretching allein reicht nicht: Warum Faszientraining der Schlüssel zu Ihrer Beweglichkeit ist
- Offene Hüften, gesunder Rücken: Die 3 wichtigsten Dehnübungen für Ihre Hüftbeweglichkeit
- Nach der Massage ist vor der Massage: Wie Sie neuen Verspannungen vorbeugen
- Das unscheinbare Training, das Champions macht: Warum Mobilität und Stabilität Ihr Fundament sind
- Knoten lösen, Schmerz besiegen: Ihr Guide zur effektiven Muskelentspannung durch Massage
Statisches vs. dynamisches Dehnen: Welches Stretching vor und welches nach dem Sport sinnvoll ist
Die vielleicht wichtigste Regel zuerst: Nicht jedes Dehnen ist gleich. Die weitverbreitete Annahme, man solle vor dem Sport ausgiebig statisch dehnen – also eine Position für längere Zeit halten –, ist nicht nur veraltet, sondern kann sogar kontraproduktiv sein. Es ist, als würde man einen kalten Motor sofort auf Höchstdrehzahl bringen. Der Muskeltonus, also die Grundspannung der Muskulatur, wird herabgesetzt. Das Resultat ist ein messbarer Kraftverlust. Tatsächlich zeigen Studien Leistungseinbußen durch statisches Dehnen von 5-30 %, insbesondere bei Schnellkraft- und Explosivkraftleistungen.
Der richtige Ansatz ist ein Bewegungsdialog mit Ihrem Körper. Vor dem Sport ist das Ziel, den Körper auf die bevorstehende Belastung vorzubereiten. Hier kommt das dynamische Dehnen ins Spiel. Dabei handelt es sich um kontrollierte, federnde oder schwingende Bewegungen, die den Bewegungsumfang schrittweise erhöhen. Denken Sie an Armkreisen, Beinschwingen oder Rumpfrotationen. Diese Methode erhöht die Blutzirkulation in den Muskeln, aktiviert das Nervensystem und bereitet die Gelenke auf komplexe Bewegungsabläufe vor, ohne die Muskelspannung zu reduzieren.
Das statische Dehnen hat seinen Platz nach dem Sport oder als separate Einheit zur Verbesserung der allgemeinen Beweglichkeit. Nach der Belastung ist die Muskulatur aufgewärmt und empfänglich für Dehnreize. Das Halten einer Dehnposition für 15-30 Sekunden hilft dem Körper, wieder „herunterzufahren“, die Muskelspannung zu normalisieren und langfristig die Flexibilität zu erhalten. Es ist der beruhigende Abschluss des Trainings, der die Regeneration einleitet.
Das 10-Minuten-Büro-Workout: Effektive Dehnübungen gegen Nacken- und Rückenschmerzen
Der Schreibtisch ist für viele zum Epizentrum chronischer Verspannungen geworden. Die starre Haltung, der fixierte Blick auf den Bildschirm und die minimalen Bewegungen fordern ihren Tribut. Die Zahlen sind alarmierend: In Deutschland leiden bis zu 45 % der Bürobeschäftigten innerhalb von 12 Monaten an Nackenschmerzen. Die gute Nachricht ist, dass Sie diesem Trend nicht hilflos ausgeliefert sind. Mit einem gezielten 10-Minuten-Workout können Sie direkt an Ihrem Arbeitsplatz aktiv gegensteuern.
Der Schlüssel liegt in kurzen, regelmäßigen Unterbrechungen. Anstatt eine Stunde lang zu leiden, bauen Sie alle 60-90 Minuten eine kleine Bewegungspause ein. Es geht nicht um schweißtreibenden Sport, sondern um gezielte Mobilisation, um die durch das Sitzen verkürzte Muskulatur zu aktivieren und die Wirbelsäule zu entlasten. Schon wenige Minuten reichen aus, um die Durchblutung anzuregen und dem Gehirn neue Bewegungsimpulse zu senden.
Für eine direkte Entlastung der Nacken- und Schulterpartie ist die folgende Übung ideal. Sie kann unauffällig direkt am Schreibtischstuhl durchgeführt werden und wirkt Wunder gegen die typische „Büro-Haltung“.

Wie auf dem Bild zu sehen, ist eine sitzende Rumpfdrehung eine exzellente Übung. Setzen Sie sich aufrecht an die vordere Kante Ihres Stuhls. Drehen Sie Ihren Oberkörper langsam zu einer Seite und greifen Sie mit den Händen die Stuhllehne, um die Dehnung sanft zu intensivieren. Halten Sie die Position für 20-30 Sekunden, atmen Sie tief in den Bauch und wechseln Sie dann die Seite. Kombinieren Sie dies mit bewusstem Schulterkreisen und sanftem Neigen des Kopfes von Seite zu Seite, um den gesamten Schulter-Nacken-Bereich zu mobilisieren.
Die 3 größten Fehler beim Dehnen, die Ihr Verletzungsrisiko erhöhen können
Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Beim Dehnen können kleine Fehler nicht nur den gewünschten Effekt zunichtemachen, sondern sogar zu Verletzungen führen. Der moderne Ansatz des Stretchings erfordert Achtsamkeit und Wissen, um die Signale des Körpers richtig zu deuten. Wie der Sportlehrer und Physiotherapeut Matthias Ott treffend bemerkt, ist die falsche Anwendung oft das eigentliche Problem.
Durch das statische Dehnen, das kann man in vielen Studien nachlesen, wird die Muskelkraft, Explosivkraft und Schnelligkeit verringert.
– Matthias Ott, Sportlehrer und Physiotherapeut
Um sicherzustellen, dass Ihre Bemühungen Früchte tragen und Sie sich nicht unabsichtlich schaden, ist es entscheidend, die häufigsten Fallstricke zu kennen. Viele Menschen dehnen mit zu viel Ehrgeiz, ignorieren Schmerzsignale oder wenden die falsche Technik zur falschen Zeit an. Die folgende Übersicht fasst die kritischsten Fehler zusammen und zeigt, wie Sie es richtig machen, basierend auf Empfehlungen von Experten wie der AOK in ihrem Magazin für mehr Beweglichkeit.
| Fehler | Richtige Ausführung | Konsequenz bei Fehler |
|---|---|---|
| Dehnen bei akuten Verletzungen | Erst nach vollständiger Genesung dehnen | Verschlimmerung der Verletzung |
| Zu kurze Haltedauer | 15-30 Sekunden pro Position halten | Kein Effekt auf Beweglichkeit |
| Ruckartige Bewegungen | Langsame, kontrollierte Bewegungen | Mikroverletzungen in Muskeln |
Ein weiterer entscheidender Fehler ist das Dehnen „in den Schmerz hinein“. Ein leichter Dehnreiz ist erwünscht, ein stechender oder scharfer Schmerz ist jedoch ein klares Stoppsignal Ihres Körpers. Ignorieren Sie es, riskieren Sie Zerrungen oder Mikrorisse im Muskelgewebe. Der Grundsatz lautet: Fordern, aber nicht überfordern. Suchen Sie den Punkt der Spannung, atmen Sie in ihn hinein und lassen Sie den Körper die Bewegung freigeben, anstatt sie zu erzwingen.
Stretching allein reicht nicht: Warum Faszientraining der Schlüssel zu Ihrer Beweglichkeit ist
Wenn Sie trotz regelmäßigen Dehnens das Gefühl haben, auf einem Plateau festzustecken, liegt das wahrscheinlich daran, dass Sie nur einen Teil des Systems adressieren: die Muskeln. Wahre, nachhaltige Beweglichkeit entsteht jedoch in der faszialen Architektur unseres Körpers. Faszien sind das Bindegewebsnetzwerk, das jeden Muskel, jedes Organ und jede Nervenfaser umhüllt und miteinander verbindet. Durch Bewegungsmangel, Stress oder einseitige Belastungen können diese Faszien „verkleben“ oder verfilzen, was zu Steifheit und Schmerzen führt.
Hier setzt das Faszientraining an. Durch gezielten Druck, beispielsweise mit einer Faszienrolle, wird das Gewebe wie ein Schwamm ausgepresst. Alte Flüssigkeit und Stoffwechselabfallprodukte werden abtransportiert, und bei der Entlastung saugt sich das Gewebe mit frischer, nährstoffreicher Flüssigkeit voll. Dies verbessert die Gleitfähigkeit der Faszien und löst Verklebungen. Marken wie der deutsche Pionier Blackroll haben dieses Prinzip popularisiert und bieten Werkzeuge an, um die fasziale Gesundheit gezielt zu fördern.
Die effektivste Strategie ist die Kombination: Erst das Faszientraining zur Vorbereitung des Gewebes, dann das klassische Dehnen, um die neu gewonnene Beweglichkeit im Nervensystem zu verankern. Die Faszienrolle löst die „Bremsen“ im Gewebe, das Dehnen programmiert die neue, größere Bewegungsamplitude. Für maximale Erfolge sollten Sie diesen kombinierten Ansatz regelmäßig in Ihre Routine integrieren.
Ihr Aktionsplan: Faszientraining und Dehnen kombinieren
- Vorbereiten: Beginnen Sie mit langsamem Faszienrollen über die Zielmuskulatur, um das Gewebe zu hydratisieren und Verklebungen zu lösen.
- Dehnen: Führen Sie direkt im Anschluss statische Dehnübungen für die bearbeiteten Bereiche durch. Halten Sie jede Position für etwa 60 Sekunden, um die Länge anzupassen.
- Unterstützen: Nutzen Sie Hilfsmittel wie ein LOOP BAND oder STRETCH BAND, um die Dehnung zu intensivieren und schwer erreichbare Muskeln anzusprechen.
- Integrieren: Planen Sie täglich 5-10 Minuten für diese kombinierte Routine ein, um spürbare und nachhaltige Verbesserungen zu erzielen.
- Prüfen: Informieren Sie sich bei Ihrer Krankenkasse über Präventionskurse nach § 20 SGB V. Viele Kassen in Deutschland bezuschussen oder übernehmen die Kosten für qualifizierte Faszien- oder Beweglichkeitskurse.
Offene Hüften, gesunder Rücken: Die 3 wichtigsten Dehnübungen für Ihre Hüftbeweglichkeit
Der wahre Übeltäter hinter vielen Rückenschmerzen sitzt oft eine Etage tiefer: in der Hüfte. Durch das stundenlange Sitzen – durchschnittlich 8,5 Stunden sitzen deutsche Büroangestellte täglich – verkürzt der Hüftbeugemuskel (Psoas) chronisch. Ein verkürzter Hüftbeuger zieht das Becken nach vorne in eine Kippstellung (Hohlkreuz), was wiederum eine enorme Belastung für die Lendenwirbelsäule bedeutet. Eine flexible und „offene“ Hüfte ist daher das Fundament für einen gesunden, schmerzfreien Rücken.
Die gute Nachricht ist, dass Sie mit wenigen, aber gezielten Übungen die Beweglichkeit Ihrer Hüfte signifikant verbessern können. Es geht nicht darum, Dutzende von Übungen zu absolvieren, sondern die drei wichtigsten Bewegungsebenen der Hüfte regelmäßig anzusprechen: die Beugung, die Streckung und die Rotation. Eine der effektivsten Übungen zur Öffnung der Hüftvorderseite ist der „tiefe Ausfallschritt“ oder „Runner’s Lunge“.
Achten Sie bei der Ausführung auf eine präzise Form, um den maximalen Nutzen zu erzielen und Kompensationsbewegungen zu vermeiden. Der Fokus liegt auf der sanften Dehnung des Hüftbeugers des hinteren Beins.

Wie die Detailaufnahme zeigt, ist die korrekte Ausrichtung entscheidend. Halten Sie den Oberkörper aufrecht und spannen Sie die Gesäßmuskulatur des hinteren Beins aktiv an. Dies verstärkt die Dehnung auf der Vorderseite der Hüfte. Schieben Sie die Hüfte sanft nach vorne, bis Sie eine deutliche Dehnung spüren. Ergänzen Sie diese Übung um eine Dehnung für die Hüftaußenseite (z.B. die „Taube“) und eine für die Oberschenkelrückseite (Hamstrings), um ein ausgewogenes Hüftprogramm zu schaffen. Bereits wenige Minuten täglich können ausreichen, um die Spannung aus dem unteren Rücken zu nehmen.
Nach der Massage ist vor der Massage: Wie Sie neuen Verspannungen vorbeugen
Eine gute Massage fühlt sich an wie ein Reset-Knopf für den Körper. Muskelknoten sind gelöst, die Durchblutung ist angeregt und ein Gefühl der tiefen Entspannung breitet sich aus. Doch dieser Zustand ist oft nur von kurzer Dauer, wenn man danach direkt in alte Bewegungsmuster zurückfällt. Um die wohltuende Wirkung einer Massage nachhaltig zu verlängern und neuen Verspannungen aktiv vorzubeugen, ist die richtige Nachsorge entscheidend.
Direkt nach der Behandlung ist der Körper besonders empfänglich für sanfte Reize. Die Muskulatur ist gelockert und das Gewebe gut durchblutet. Dies ist der ideale Zeitpunkt, um mit gezielten, sanften Dehnübungen die neu gewonnene Beweglichkeit zu festigen. Es geht nicht um ein intensives Workout, sondern darum, dem Nervensystem die neuen Bewegungsmöglichkeiten zu zeigen und es daran zu „erinnern“, diese beizubehalten. Betrachten Sie die Zeit nach der Massage als ein kritisches 24-Stunden-Fenster, in dem Sie die Weichen für langanhaltende Entspannung stellen können.
Ein strukturierter Plan für die ersten Stunden und den Tag nach der Massage kann den Unterschied machen. Er hilft, die positiven Effekte zu maximieren und den Körper bei der Regeneration optimal zu unterstützen. Folgende Schritte haben sich in der Praxis bewährt:
- Stunde 1-4: Trinken Sie viel stilles Wasser, um die durch die Massage gelösten Stoffwechselprodukte aus dem Gewebe zu spülen. Vermeiden Sie anstrengende Aktivitäten und gönnen Sie sich leichte Bewegung wie einen Spaziergang.
- Stunde 4-12: Beginnen Sie mit ersten, sehr sanften Dehnungen für die behandelten Muskelgruppen. Gehen Sie nur so weit, bis Sie einen leichten Zug spüren, ohne jeglichen Schmerz.
- Tag 2: Führen Sie nun ein kurzes, aber vollständiges Dehnprogramm durch. Halten Sie jede Position für etwa 10-20 Sekunden. Nutzen Sie auch Techniken der Selbstmassage mit einem Tennis- oder Faszienball, um gezielt auf verbliebene Triggerpunkte einzuwirken.
- Fortgeschrittene Technik: Wenden Sie die Contract-Relax-Methode an. Spannen Sie den zu dehnenden Muskel für einige Sekunden gegen einen leichten Widerstand an (z.B. mit der Hand) und begleiten Sie ihn dann aktiv in eine tiefere Dehnung.
Das unscheinbare Training, das Champions macht: Warum Mobilität und Stabilität Ihr Fundament sind
Beweglichkeit wird oft mit reiner Flexibilität gleichgesetzt – der Fähigkeit, einen Muskel passiv in die Länge zu ziehen. Doch wahre, funktionale Bewegungsfreiheit ist mehr. Sie ist das Ergebnis eines Zusammenspiels von Mobilität und Stabilität. Mobilität ist die Fähigkeit, ein Gelenk aktiv und kontrolliert über seinen vollen Bewegungsumfang zu bewegen. Stabilität ist die Fähigkeit, diese Bewegung zu kontrollieren und das Gelenk in jeder Position zu sichern. Dieses Duo ist das unscheinbare Fundament, das nicht nur Champions im Sport, sondern auch schmerzfreie Menschen im Alltag auszeichnet.
Eine hocheffektive Methode, die genau an dieser Schnittstelle ansetzt, stammt aus der Physiotherapie: das PNF-Stretching. PNF steht für „propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation“ und ist ein perfektes Beispiel für den bereits erwähnten „Bewegungsdialog“. Anstatt einen Muskel nur passiv zu dehnen, wird das Nervensystem aktiv mit einbezogen, um eine tiefere Entspannung und somit eine größere Bewegungsamplitude zu erreichen. Es ist eine der wirksamsten Techniken zur Steigerung der aktiven Beweglichkeit.
Praxisbeispiel: PNF-Stretching zur neurologischen Freigabe
Die PNF-Methode nutzt einen neurologischen Trick: Indem der gedehnte Muskel kurz angespannt wird, wird ein Schutzreflex (der Dehnreflex) im Nervensystem vorübergehend gehemmt. Dies erlaubt dem Muskel, in der anschließenden Entspannungsphase eine deutlich tiefere Dehnposition einzunehmen. Konkret bedeutet das: Sie nehmen eine Dehnposition ein, spannen den Zielmuskel für 5-6 Sekunden gegen einen leichten Widerstand an (z. B. durch einen Partner oder ein Band), entspannen dann und nutzen die nächsten Sekunden, um sanft tiefer in die Dehnung zu gehen. Dieser Zyklus wird 2-4 Mal wiederholt. Das Ergebnis ist eine oft sofort spürbare Verbesserung des Bewegungsumfangs.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt jedoch in der Regelmäßigkeit. Eine einmalige Anstrengung verpufft schnell. Um das Nervensystem nachhaltig „umzuprogrammieren“ und das Mobilitäts-Fundament zu stärken, ist Konsistenz gefragt. Experten empfehlen, dass mindestens zwei Übungseinheiten pro Woche nötig sind, um spürbare und vor allem bleibende Verbesserungen der Beweglichkeit zu erzielen. Diese Einheiten müssen nicht lang sein – 10 bis 15 Minuten gezieltes Mobilitätstraining sind oft wirksamer als eine Stunde unkonzentriertes Dehnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Timing ist alles: Nutzen Sie dynamisches Dehnen zur Aktivierung vor dem Sport und statisches Dehnen zur Regeneration und Flexibilitätssteigerung danach.
- Faszien sind der Schlüssel: Kombinieren Sie Dehnübungen immer mit Faszientraining (z. B. mit einer Rolle), um Verklebungen im Bindegewebe zu lösen und wahre Beweglichkeit zu schaffen.
- Konsistenz schlägt Intensität: Tägliche, kurze Dehn- und Mobilitätseinheiten (5-10 Minuten) sind weitaus effektiver für die Schmerzprävention als seltene, lange Sessions.
Knoten lösen, Schmerz besiegen: Ihr Guide zur effektiven Muskelentspannung durch Massage
Die Reise zu einem beweglicheren und schmerzfreieren Körper ist ein Kreislauf. Sie beginnt oft mit dem Wunsch, akute Verspannungen und schmerzhafte „Knoten“ (Triggerpunkte) zu lösen. Hier spielt die Massage eine unschätzbare Rolle. Sie ist mehr als nur Wellness; sie ist ein therapeutisches Mittel, um tiefsitzende Verspannungen im Muskelgewebe zu lösen, die Durchblutung zu fördern und dem Nervensystem ein starkes Signal zur Entspannung zu senden. Eine gezielte Massage kann die Muskelgrundspannung senken und schafft so erst die Voraussetzung für effektives Dehn- und Mobilitätstraining.
Wenn Sie die Konzepte dieses Guides verinnerlicht haben, verstehen Sie, dass die Massage der Startpunkt und nicht das Ende des Prozesses ist. Sie löst die Blockaden. Das anschließende, intelligente Dehnen und Mobilitätstraining sorgt dafür, dass diese Blockaden nicht sofort wiederkehren. Es ist die Kombination aus passivem Lösen (Massage) und aktivem Umprogrammieren (Stretching und Mobilität), die ein nachhaltiges System für Muskelentspannung und Wohlbefinden schafft. Jeder Teil unterstützt den anderen und macht das Gesamtsystem so wirkungsvoll.
Indem Sie lernen, auf die Signale Ihres Körpers zu hören, die richtige Technik zur richtigen Zeit anzuwenden und proaktiv für die Gesundheit Ihrer Faszien und die Stabilität Ihrer Gelenke zu sorgen, übernehmen Sie die Kontrolle. Sie sind nicht länger Opfer Ihrer Verspannungen, sondern der Architekt Ihrer eigenen Bewegungsfreiheit. Schmerz wird von einem chronischen Begleiter zu einem Signal, das Ihnen zeigt, wo Ihr Körper Aufmerksamkeit benötigt.
Beginnen Sie noch heute damit, diese Prinzipien in Ihren Alltag zu integrieren. Verwandeln Sie die wenigen Minuten Dehnung am Tag von einer lästigen Pflicht in einen bewussten Dialog mit Ihrem Körper und erleben Sie, wie sich Ihre Lebensqualität nachhaltig verbessert.
Häufige Fragen zum Thema Dehnen und Beweglichkeit
Wie lange sollte ich eine Dehnposition nach der Massage halten?
Jede Position sollte circa 15 bis 30 Sekunden gehalten werden, um die durch die Massage gelockerte Muskulatur optimal zu dehnen.
Kann ich direkt nach einer intensiven Massage Sport treiben?
Nein, geben Sie Ihrem Körper Zeit zur Regeneration. Leichte Dehnübungen sind erlaubt, intensiver Sport sollte frühestens am nächsten Tag erfolgen.
Wie oft sollte ich mich massieren lassen und dehnen?
Bei akuten Beschwerden kann eine wöchentliche Massage sinnvoll sein, kombiniert mit täglichen Dehnübungen von 5-10 Minuten.